Ablauf
Einleitung des Verfahrens
Die betroffene Person selbst kann eine Betreuung beantragen. In allen anderen Fällen entscheidet das Betreuungsgericht von Amts wegen.
Hinweis: Dritte (z.B. Familienangehörige, Nachbarn oder Nachbarinnen) können eine rechtliche Betreuung formlos beim Betreuungsgericht anregen.
Stellung der betroffenen Person
Die betroffene Person ist ohne Rücksicht auf ihre Geschäftsfähigkeit verfahrensfähig. Sie kann selbst Anträge stellen und Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen einlegen. Das Betreuungsgericht unterrichtet sie über den möglichen Verlauf des Verfahrens. Es gibt alle Entscheidungen der betroffenen Person bekannt.
Soweit es zur Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Person erforderlich ist, bestellt ihr das Betreuungsgericht einen Verfahrenspfleger oder eine Verfahrenspflegerin. Dieser oder diese soll die betroffene Person im Verfahren unterstützen. Der Verfahrenspfleger oder die Verfahrenspflegerin erläutert z.B. die einzelnen Verfahrensschritte oder Inhalt und Bedeutung der Mitteilungen des Betreuungsgerichts. Er oder sie teilt dem Gericht auch die Wünsche der betroffenen Person mit.
Hinweis: Als Verfahrenspfleger und Verfahrenspflegerinnen kann das Gericht beispielsweise bestellen:
- Vertrauenspersonen aus dem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis
- Mitarbeitende von Betreuungsvereinen
- Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen
- Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen
Das Betreuungsgericht muss grundsätzlich die betroffene Person vor bestimmten Entscheidungen persönlich anhören und sich einen persönlichen Eindruck verschaffen. Z.B. bei
- der erstmaligen Bestellung eines Betreuers oder einer Betreuerin,
- der Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers oder der Betreuerin oder
- der Entlassung des Betreuers oder der Betreuerin gegen den Willen der betroffenen Person.
Die persönliche Anhörung der betroffenen Person soll sicherstellen, dass der Richter oder die Richterin sich hinreichend über deren Persönlichkeit informiert.
Hinweis: Eine persönliche Anhörung unterbleibt nur in besonderen Ausnahmefällen.
Das Betreuungsgericht soll sich den persönlichen Eindruck in der üblichen Umgebung der betroffenen Person verschaffen. Diese kann dies auch verlangen. Sie kann dem Besuch eines Richters oder einer Richtern aber auch widersprechen. Die Anhörung findet dann in den Amtsräumen statt.
Ist eine Verfahrenspflegerin oder ein Verfahrenspfleger bestellt, so erfolgt die persönliche Anhörung in deren Beisein. Das Betreuungsgericht kann auch bereits in dieser Phase einen Sachverständigen hinzuziehen. Auf Wunsch der betroffenen Person kann auch eine Vertrauensperson teilnehmen. Weiteren Personen kann das Gericht die Anwesenheit gestatten, jedoch nicht gegen den Willen der betroffenen Person.
Beteiligung Dritter
Vor der Bestellung einer Betreuung beziehungsweise der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts muss das Gericht die sonstigen Beteiligten anhören.
Die Betreuungsbehörde erhält Gelegenheit zur Äußerung, wenn die betroffene Person dies verlangt oder wenn es der Sachaufklärung dient. Auch Ehemann, Ehefrau, Eltern, Pflegeeltern und Kinder sollen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Hinweis: Betreuungsbehörde ist die kommunale Behörde bei den Stadt- und Landkreisen. Deren Aufgaben sind im Betreuungsbehördengesetz (BtBG) näher geregelt.
Schließlich muss das Gericht auf Verlangen der betroffenen Person auch eine ihr nahestehende Person anhören, wenn dies ohne erhebliche Verzögerung möglich ist.
Sachverständigengutachten
Vor Anordnung einer Betreuung oder eines Einwilligungsvorbehaltes muss das Betreuungsgericht ein Sachverständigengutachten einholen. Das Sachverständigengutachten gibt Auskunft über die Notwendigkeit und den Umfang der Betreuung sowie die voraussichtliche Dauer der Hilfsbedürftigkeit. Die Sachverständigen sollten Ärzte oder Ärztinnen für Psychiatrie oder mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein.
Hinweis: Ausnahmen sind möglich.
Die Sachverständigen müssen die betroffene Person persönlich untersuchen und befragen. Das Gutachten muss Stellungnahmen zu folgenden Punkten enthalten:
- Krankheitsbild
- Krankheitsentwicklung
- durchgeführte Untersuchungen
- körperlicher und psychiatrischer Zustand der betroffenen Person
- Umfang des Aufgabenkreises
- Dauer der Maßnahme
Entscheidung
Das zuständige Betreuungsgericht entscheidet nach Durchführung der erforderlichen Anhörungen und Ermittlungen. Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer rechtlichen Betreuung vorliegen, bestellt es den Betreuer oder die Betreuerin. Es legt gleichzeitig den Zeitpunkt fest, an dem es über die Aufhebung oder Verlängerung der Bestellung spätestens zu entscheiden hat.
Das Gericht teilt in der Regel die Entscheidung
- der betroffenen Person,
- dem Betreuer oder der Betreuerin,
- dem Verfahrenspfleger oder der Verfahrenspflegerin und
- der Betreuungsbehörde mit.
Mit der Bekanntgabe an den Betreuer oder an die Betreuerin wird die Entscheidung wirksam.
Das Betreuungsgericht verpflichtet den Betreuer oder die Betreuerin mündlich und unterrichtet ihn oder sie über die mit der Betreuung verbundenen Aufgaben. Er oder sie erhält eine Urkunde über die Bestellung. Diese Urkunde dient als Ausweis für die Vertretungsberechtigung. Aus ihr ergibt sich, für welche Aufgabenkreise die Betreuung besteht. Endet die Betreuung, muss der Betreuer oder die Betreuerin die Urkunde an das Betreuungsgericht zurückgeben.
Einstweilige Anordnung
Die Bestellung einer Betreuung erfordert meistens eine umfassende Ermittlungstätigkeit des Gerichts und nimmt gewisse Zeit in Anspruch. Ist eine rasche Entscheidung nötig, kann das Gericht in einem vereinfachten Verfahren durch einstweilige Anordnung
- einen vorläufigen Betreuer oder eine vorläufige Betreuerin bestellen,
- einen vorläufigen Einwilligungsvorbehalt anordnen,
- einen Betreuer oder eine Betreuerin entlassen oder
- den Aufgabenkreis der Betreuung vorläufig erweitern.
Eine solche Eilmaßnahme ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und darf keinesfalls insgesamt länger als ein Jahr bestehen bleiben. In besonders eiligen Fällen kann das Betreuungsgericht selbst die notwendigen Maßnahmen treffen. Dies geht allerdings nur, soweit noch keine Betreuung angeordnet wurde oder der Betreuer oder die Betreuerin verhindert ist.
Text
Als Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Betreuungsgerichts kommen in Betracht:
- Beschwerde
Die Beschwerdefrist beträgt einen Monat und beginnt mit schriftlicher Bekanntmachung des Beschlusses. Ausnahme: Für Beschwerden gegen einstweilige Anordnungen und gegen Beschlüsse über die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts gilt eine Beschwerdefrist von zwei Wochen. - Erinnerung
Bei einer Entscheidung - des Rechtspflegers oder der Rechtspflegerin
- des Richters oder der Richterin, sofern diese nicht anfechtbar ist.
Welches Rechtsmittel im Einzelfall in Betracht kommt, erfahren Sie in der Rechtsmittelbelehrung, die das Betreuungsgericht den Entscheidungen beifügt. Dort finden Sie auch, wo und auf welche Weise Sie das Rechtsmittel einlegen können.
Über die Beschwerde entscheidet das Landgericht. Gegen dessen Entscheidung ist gegebenenfalls die Rechtsbeschwerde zulässig. Das Beschwerdegericht muss diese jedoch zulassen. Ausnahme: Die Rechtsbeschwerde ist in folgenden Fällen ohne Zulassung möglich:
- Bestellung eines Betreuers oder einer Betreuerin
- Aufhebung der Betreuung
- Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts
Rechtsbeschwerdegericht ist der Bundesgerichtshof. Es besteht Anwaltszwang.
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